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Meine Wechseljahre und ich

Wechseljahre, das sind Hitzewallungen, so dachte ich, und Schlafstörungen gepaart mit Grantigkeit. Aber es ist viel mehr...

Im Sommer 2024 fällt mir ein Buch in die Hände („Woman on fire“ von Sheila de Liz) und plötzlich wird mir klar: Ich bin mittendrin. Wechseljahre haben viel mehr Symptome, als ich es je gedacht hatte. Beim Rückblick auf die letzten Jahre stelle ich fest, dass ich schon seit über vier Jahren mittendrin in dem Prozess bin. Ich habe meine Winterpullover schon seit 2020 nicht mehr angezogen und dachte, die kalte Jahreszeit ist ja nicht mehr so kalt und in Bonn sowieso nicht. Die anderen Beschwerden, die ich habe, habe ich nie den Beschwerden der Wechseljahre zu sortiert.

Mögliche Beschwerden sind Hitzewallungen und Schweißausbrüche, Herzklopfen und Schwindelgefühle, Stimmungsschwankungen, Antriebslosigkeit, Schlafstörungen, Vergesslichkeit, Gelenkschmerzen, Blasenschwäche. Scheidentrockenheit, Gewichtszunahme, trockene Haut und dünnere Haare, um mal einige zu nennen.

Zum ersten Mal in meinem Leben vergesse ich Termine mit meiner Freundin. Der Post-it Block ist mein bester Freund geworden, weil ich alles aufschreibe, was ich noch machen muss. Ich bin manchmal traurig oder man könnte auch sagen depressiv und verstehe nicht warum. Viele unterschiedliche Gesundheitsprobleme machen mir zu schaffen und keiner kam auf die Idee, dass sie alle mit den Wechseljahren zusammenhängen könnten. Da sind zum Beispiel die Gelenkschmerzen, die ständige Zunahme an Gewicht und die Schwierigkeit, es wieder loszuwerden.

Je nachdem welche Studie frau liest, haben zwei Drittel bis 75% der Frauen Beschwerden in den Wechseljahren. Wie viele Beschwerden es sind und wie stark diese sind, das ist sehr unterschiedlich. 25% kommen so durch, ohne dass sie irgendetwas Wesentliches merken. Die meisten Frauen sind fünf bis acht Jahre in den Wechseljahren, das ist eine lange Zeit - vor allem, wenn die Hormoneinnahme nicht dazu führt, dass die Symptome weniger werden oder sogar ganz verschwinden.

Nachdem ich das Buch gelesen habe, habe ich einen Termin bei meinem Frauenarzt gemacht. Gleichzeitig habe ich schon mal angefangen pflanzliche Medikamente einzunehmen, die mir von Freundinnen und der Apothekerin empfohlen wurden. Bei mir haben die pflanzlichen Medikamente nicht angeschlagen, so dass ich mich für Hormone entschieden habe. Für mich, die ich nicht konsequent bin im Einnehmen von Medikamenten, ist das eine große Herausforderung. Denn gleichzeitig gehört auch Vergessen mit zu den Symptomen der Wechseljahre. Das andere ist: Es fällt ja gar nicht so schnell auf, wenn ich die Medikamente mal vergesse. Aber es macht sich langfristig bemerkbar.

Ich finde die Situation auch schwierig für meine Freundinnen und Arbeitskollegen. Mit der Einnahme von Hormonen sind die Symptome ja nicht alle weg. Ja, es geht mir besser, aber es ist noch nicht gut. Ich bin auch weiterhin noch nah am Wasser gebaut, schiebe Dinge vor mir her, habe Gelenkschmerzen und manches andere.

Es ist ein Marathon und kein Sprint. Ich merke, dass ich darauf nicht wirklich gut vorbereitet wurde. Oder mich nicht darauf vorbereitet habe. Ich hörte Frauen nicht über ihre Wechseljahre und die damit verbundenen Symptome reden. Ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass meine Mutter darüber geredet hätte.

Manchmal frage ich mich, was hat Gott sich dabei bloß gedacht? In dem vorliegenden Buch hat die Autorin sehr gut beschrieben, wie sehr die Dinge in unserem Körper zusammenhängen. Was für eine wunderbare Idee es ist, dass unser Körper Kinder austragen kann. Sie beschreibt, wie sehr die Dinge ineinandergreifen. Es wird deutlich, was für ein feines Kunstwerk der weibliche Körper ist. Und welche Hormone wann im Körper ausgeschüttet werden und was sie bewirken.

Dann nach ein paar Jahrzehnten kommt die Memopause. Dabei ist es keine Pause, denn es geht ja danach nicht wieder los. Nach den vier Phasen der Memopause kommt das Senium, das reife Alter der Frau. Eine Erkenntnis, die ich bis jetzt aus diesem Prozess gezogen habe, ist, dass ich nicht hinter dem Berg halte mit dem Thema. Als im Winter auf der Arbeit die Heizung ausfiel, war mir nicht zu kalt. Wenn mich jemand fragte, ob ich nicht friere, konnte ich sagen: „Ich bin in den Wechseljahren, darum muss ich mir gerade keine Sorgen machen.“ Ich erkläre im Gespräch, dass Wechseljahrsymptome viel mehr sind als die Hitzewallungen. Erzähle von dem, was ich erfahren habe, teile Fakten mit und erfahre viel von anderen, die auch mittendrin sind oder schon durch. Leidensgenossinnen zu suchen, hat was Gutes. Es hat auch was Wichtiges, dass das Kind einen Namen hat.  Durch den Namen und die Einnahme der Hormone sind die Symptome nicht einfach weg. Aber es gibt mir die Möglichkeit, die Dinge gezielter anzugehen.

Sabine Lente, Fachstelle Gemeinschaft

 

Woman on Fire – deutsche Ausgabe

32. Auflage, 288 Seiten, Verlag Rowohlt Taschenbuch, Paperback, E-Book, Hörbuch

 

Herzliche Einladung zum nächsten Online-Talk "together" der Fachstelle Gemeinschaft: 21.9. um 19 Uhr - Anmeldung