60plus-Damen mit Leib und Seele unterwegs
"Hast du Lust, mit drei anderen Frauen Ü60 eine gemeinsame Wegstrecke zu gehen?", fragte mich Margret. Wir würden uns leibhaftig und ganz zoomlos treffen. Voll cool fand ich die Idee. Nicht nur zum Tee, Kaffee und Kuchen, der meine Geschmacksknospen erblühen ließ, trafen wir uns dann ziemlich reihum im sechs- bis achtwöchigem Abstand.
Zusammen mit der Moabiterin Ruth, die um ihren Mann trauert, machten wir uns zu viert auf den Weg. Das war die Ruth, die sich dem lebendigen Gott zuwandte und zu ihrer Schwiegermutter Noemi sagte: "Wo du hingehst, da will auch ich hingehen." Was jeder von uns beim Lesen des entsprechenden Bibeltextes wichtig wurde, teilten wir den anderen mit. Das nennt sich Bibelteilen.
Bei unserer nächsten Wegstation trafen wir auf Abraham, der mutig sein Land und seine Verwandtschaft verlassen hatte. Wir fragten uns, was ihn sättigte – und: Wie haben wir Gottes Rufen gehört? Jede von uns blickte auf ihr eigenes Leben zurück. Dabei entdeckten wir, dass mit Gott reden spektakulär und der Weg mit Gott ein erfüllter Weg ist und unser Leben schließlich Früchte hervorbringt – gemäß dem Versprechen Jesu: "Ihr habt nicht mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt, dass ihr hingeht und Frucht bringt." Unsere jeweilige Ernte schauten wir uns genauer an. Wofür sind wir dankbar? Zum Beispiel, dass wir uns Liebe nicht verdienen müssen, sondern aufrecht stehen und gehen dürfen. Weil Gott ein Gott ist, der uns sieht.
Nach siebenmonatiger gemeinsamer Wegstrecke begegneten wir den Zwillingen Jakob und Esau, wobei wir vorrangig unser Augenmerk auf Jakob richteten, der an zweiter Stelle geboren worden war. Wegen des Erstgeburtsrechts entzweite sich Jakob mit seinem Bruder und musste vor ihm fliehen. Natürlich endete alles gut und Jakobs Lieblingssohn Josef rettete nicht nur Israel vor dem Verhungern. Margret brachte Glitzerkugeln und Steine mit. Die bunten Kugeln galten für das, was in Jakobs Werdegang gut lief. Widrigkeiten in seiner turbulenten Karriere sollten die Steine symbolisieren. Am Ende komme es auf die Liebe an, auf das Herz, und das werde durch Scheitern weich und warm, weiß dazu der Journalist und Liedermacher Jürgen Werth.
Auf unserer letzten Wegstation, die vielleicht nicht die letzte gewesen sein wird, ging es um "unser Leben im Guten und allem dazwischen". Dazu ein paar Zitate von uns 60plus-Damen:
Uta: "Das Bedürfnis nach Zugehörigkeit ist keine zu hohe Erwartung ans Leben. Heilung durch Wertschätzung."
Renate: "Anfechtungen sind hausgemacht. Der Feind versteckt sich hinter Festungen."
Margret: "Konflikte als Konflikte zu deuten und für mich einzustehen. Ich bin eher stärker geworden dadurch."
Anne Merz, Ammerbusch