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Störe bitte meine Kreise!

Sabine* hat jahrelang vollzeitlich in Asien gearbeitet. Seit einiger Zeit lebt sie wieder in Deutschland und hat hier Kontakt zu Asiaten aufgenommen…

Es begann mit einer kurzen Reise zu einer Hochzeit im Februar 2020. Ich kam für geplante sechs Wochen aus Asien nach Deutschland zurück und habe es seither nicht mehr geschafft, zurückzukehren. Das entspricht einer Zusammenfassung der letzten fast vier Jahre. Nach unzähligen Stunden in Online-Sessions und zwei Versuchen, mich in mein bisheriges Einsatzland zurück zu bewerben, ging mir dann zuletzt die Luft aus. So begann ich, statt in den Fernen Osten zu schweifen, Ostasiaten in Deutschland aufzusuchen.

Ich lebe seit Sommer 2023 in einer mittelgroßen, deutschen Uni-Stadt, in der tausende von Studierenden aus meiner Zielgruppe studieren. Werde ich gefragt, was ich eigentlich so tue, so sage ich meistens, dass ich internationale Studierende berate. Dabei begleite ich Einzelne oder Gruppen im persönlichen Wachstum. Was mir dabei großen Rückhalt gibt, ist eine evangelikale Gemeinde, in der es einige Geschwister gibt, die das Anliegen teilen. So bin ich in verschiedenen Teams integriert.

Wenn Ehepaare mit im Team sind, ist die Gefahr groß, sich zu vergleichen: „Was die alles leisten können … und was ich dagegen nur schaffe!“ – aber natürlich übersehe ich dabei, dass „die“ zwei Leute sind, die sich das Drumherum des Lebens (z.B. den Haushalt) aufteilen können und daher mehr geschafft bekommen als ein Single.

Ich freue mich sehr, mich einzusetzen für Gott und Menschen. Das Aber folgt auf den Fuß: Ich bin genau dann am meisten beschäftigt (z.B. sonntagnachmittags) wenn andere Singles oft Leerlauf haben. Dafür lege ich an einem Werktag einen Ruhetag ein, wenn die „normale“ Bevölkerung arbeitet. Außerdem bedeutet für mich „Ruhe“ meistens auch menschenfreie Zeit. Deshalb ist und bleibt das Thema, eigene echte Freundschaften aufbauen, für mich eine große Herausforderung.

Als Single-Frau in einem derartigen Dienst empfinde ich sehr stark, dass meine große Flexibilität und Freiheiten mich aber total selbstbezogen machen. Deshalb habe ich mir bewusst Leute gesucht, die meine egozentrischen Kreise stören, und lebe mit ostasiatischen Single-Frauen in einer WG zusammen. Gemeinsam erleben wir so etwas wie eine private Haushalts- und Jüngerschaftsschule. Ich lerne zurzeit täglich, dass man manches auch anders tun und lassen (!) kann, als ich es täte. Aber auch meine Mitbewohnerinnen müssen ertragen, dass ich gewisse Werte im Zusammenleben umgesetzt sehen möchte, wobei ich lerne, meine Erwartungen gut zu kommunizieren.

Vor allem möchte ich als reifere Single-Frau ein fröhliches Christsein vorleben, um zu zeigen, dass mein Single-Sein mein Lebensgeschenk Gottes an mich heute ist.

Sabine*

 

(*Name aus Schutzgründen geändert)